Falten, Schichten, Fransen und Knoten: All dies sind Metaphern, mit deren Hilfe wir in der Winterschool versucht haben unsere Konzepte zu Bildern in unseren verschiedenen Forschungen in Sprache zu fassen. Das Bild des Ruhrgebietes, Gegenstand meines Dissertationsprojektes, ist seit dem Strukturwandel in Aushandlung; teils fest, teils verschwommen und sich erst formierend. Im Laufe der Winterschool habe ich Momente notiert, die mich zum Weiterdenken dieses Phänomens des Werdens, Entstehens und Noch-Nicht-Seins von Bildern angeregt haben. Diese Momente können für sich alleine stehen und unter den notierten Gegensatzpaaren aufgerufen werden; für mich waren sie eine Anregung zur Reflexion meiner Position im Feld und meiner Forschung allgemein. Sie können aber auch als fortlaufender Text wie ein Gedankenspaziergang durch die Winterschool-Woche gelesen werden.
Nicht-Existenz…..Ubiquität…..
„Das digitale Bild gibt es nicht.“ (Pias 2003) Den Einstieg in einen Workshop zur Bildtheorie habe ich mir anders vorgestellt. Den Gegenstand infrage zu stellen, fand ich überraschend, zumal Kunsthistorikerin Inge Hinterwaldner zugleich die These der „Ubiquität von Visualisierungen“ zu Beginn formulierte. Dass dieser Widerspruch keiner ist, eröffnete sich mir erst im Laufe unserer Diskussionen dieser Winterschool. Diese zeigten, wie wir alle sehr unterschiedliche Begriffe von Visualisierungen haben, seien sie alltagsweltlich, aus unseren Feldforschungen, oder bereits für unsere Forschungen theoretisch konzeptualisiert. Eine unserer Aufgaben des Workshops war die zeichnerische Beantwortung der Frage, was wir jeweils unter einem digitalen Bild verstehen. Auch Claus Pias, so wurde im Anschluss deutlich, negiert nicht die Existenz des digitalen Bildes an sich, vielmehr geht er der Frage nach den Eigenschaften der Materialität digitaler Bilder nach. Inge Hinterwaldner griff in ihrem Vortrag Frieder Nakes (2008) Begriff des digitalen Bildes auf, das er getrennt in Surface, Interface und Subface konzeptualisiert. Es sind Zusammenhänge und Relationen, die in diesen Begriffen als Schichten gedacht werden und in unserer anschließenden Diskussion beschäftigte uns vor allem das Interface in seiner wechselhaften Gestalt. Dass diese Momente des „Dazwischen“ für alle Teilnehmenden unserer Winterschool von Bedeutung sind, trat bei unserer zeichnerischen Aufgabe, sowie im Extrahieren und Neu-Zusammenfügen unserer Poster-Elemente zutage. Da stellten sich Fragen wie: Was sind Mensch-Technik-Zusammenhänge? Welche Rolle spielen Screens? Wie und wo in unseren Forschungen wird „display“ relevant? Wo fangen Körper an, wo hören sie auf? Wie nah und wie fern sind Elemente, Beobachter_innen und Situationen zueinander?
Anfang...Ende…
Dass Relationen jedoch nicht zwingend Schichten und damit hierarchisch sein müssen, wie sie in Nakes „-faces“ durchscheinen, führte zu einer ersten Lockerung unserer gedanklichen Knoten. Ich frage mich, wie wir von Relationen sprechen können, die nicht in einem sprachlichen „Dahinter“ oder „Darunter“ verhaftet bleiben, und damit von einer dem westlich-visuell dominierten zweidimensionalen Schichtung ausgehen.
Innen…Außen…
Karen Barad denkt in „Phänomenen“ Barad (1996: 170), in denen diese Relationen enthalten sind. Diese sind für Barad jedoch nicht als Verbindungslinien zwischen einzelnen vorab getrennten Entitäten zu denken, sondern als „Intra-Aktionen“ (ebd. 179), die eine Verschmelzung und Verwobenheit markieren, in die wir als denkende und handelnde Menschen verstrickt sind. Sie veranschaulicht dies anhand ihrer Lektüre von Niels Bohr. Sie beschreibt, wie Bohr eine kritische Betrachtung von Experimenten der Quantenphysik fordert, indem er den_die Beobachter_in und das vermeintliche Objekt sowie die Messapparatur als für den Erkenntnisprozess untrennbar miteinander verschränkt denkt. Auf diese Weise, so Barad, denkt er in Phänomenen, die „a non-dualistic whole“ (ebd. 176) konstituieren. Phänomene sind in diesem Verständnis also kontingent und nur lokale Erfahrungen, die nicht a-priori Grenzen haben, sondern offen und unfixiert sind. Die Verschränkung zu einem Phänomen dieser Art ist das, was Karen Barad als „agentiellen Realismus“ (ebd. 176) benennt.
Teil…Ganzes…
In meiner Suche nach geeigneten Begriffen, die eine Brücke zwischen ontologischen Fragen und epistemologischen Unzulänglichkeiten in meinem Feld schlagen können, kommen mir Knoten und Faden in den Sinn. Sie lenken mein Augenmerk auf die Verwoben- und Verschränktheit, auf „Intra-Aktionen“ und „Phänomene“, die situativ sind.
fest...lose…
Im Knoten denke ich den Faden als Teil, den ich identifizieren kann, der aber nur als Teil eines ganzen Zusammenhangs seine Form, seine Spannung und seine Lösung erhält. Ich bin Teil des Knotens, ziehe an einem Faden, um ihn zu erkennen, zu verfolgen und seine Bewegungen, Berührungen und Reibungen im Knoten nachfühlen zu können.
Stabilität...Wandel…
In unserer Übung zur Frage „Was ist das digitale Bild?“ zeichne ich Situationen, in denen sich das digitale Bild in meinem Forschungsfeld materialisiert. Ich symbolisiere in meinem händisch gezeichneten Bild Momente, in denen Menschen ein digitales Bild produzieren. Ich zeige Momente, in denen sie Regionalität ab-bilden. Ich denke an Momente, in denen digitale Bilder für Menschen Grenzen markieren, für ihr Verständnis von regionalen Vorstellungsbildern. Momente, in denen Menschen darüber kommunizieren und aushandeln, welches Bild ein regionales Bild sein kann. Momente, in denen Menschen das regionale Vorstellungs-Bild zu einem digitalen werden lassen möchten.
Spannung...Lösung…
Ich versuche, anhand eines Objektes aus meinem Forschungsprojekt zu Aushandlungen einer regionalen ökonomischen Identität des Ruhrgebietes eine Karte zu gestalten, um das Objekt als Teil eines Phänomens über die agentiell-realistischen Analyse zu verstehen. Ich denke die verschiedenen Momente als Fäden und Verknotungen, verfolge manche in ihrer Länge, andere am Punkt ihrer Reibung mit anderen Fäden. Wie in unseren Fadenspielen tags zuvor, ziehe ich an einem Faden und sehe die Kraft, mit dem er einen anderen in den Knoten hineinzieht und schließlich wieder auflöst.
Stolpern…Ent-Stehen…
So sehe und verfolge ich nun den Faden dieser Gedanken durch meine Zeit in der Winterschool. Ich komme zurück zum anfänglichen Widerspruch der Nicht-Existenz des digitalen Bildes und dessen gleichzeitige Ubiquität. Ich stolpere über den Knoten einer Diskussion am Donnerstagnachmittag, der sich in Bildern und Metaphern zu solchen Widersprüchen ergießt: Wie können wir unseren Ängsten, im Feld „danebenzugreifen“ begegnen, fragt Moritz; Vielleicht indem wir einfach zugreifen und die Lücken und Ungewissheiten, die für Reibung in unseren Diskursen und in uns selbst sorgen, nicht nur hinnehmen, sondern – frei nach Janina Lohs Interpretation von Donna Haraway und den gemeinsamen Diskussionen zur Etablierung neuer Wissenskulturen – als lustvolle Wissenschaft feiern.
So erscheint mir der anfängliche Widerspruch einmal mehr als Spannung, in die es sich lohnt hineinzugehen. Und – inspiriert von Donna Haraways „string figures“ (2013) – an einzelnen Fäden dieses Knotens zu ziehen.
Nicht-Existenz…Ubiquität…
„Das digitale Bild gibt es nicht.“ (Pias 2003) Den Einstieg in einen Workshop zur Bildtheorie habe ich mir anders vorgestellt. Den Gegenstand infrage zu stellen, fand ich überraschend, zumal Kunsthistorikerin Inge Hinterwaldner zugleich die These der „Ubiquität von Visualisierungen“ als Einstieg formulierte. Dass dieser Widerspruch keiner ist, eröffnete sich mir erst im Laufe unserer Diskussionen dieser Winterschool. Diese zeigten, wie wir alle sehr unterschiedliche Begriffe von Visualisierungen haben, seien sie alltagsweltlich, aus unseren Feldforschungen, oder bereits für unsere Forschungen theoretisch konzeptualisiert. Eine unserer Aufgaben des Workshops war die zeichnerische Beantwortung der Frage, was wir jeweils unter einem digitalen Bild verstehen. Auch Claus Pias, so wurde im Anschluss deutlich, negiert nicht die Existenz des digitalen Bildes an sich, vielmehr geht er der Frage nach den Eigenschaften der Materialität digitaler Bilder nach. Inge Hinterwaldner griff in ihrem Vortrag Frieder Nakes (2008) Begriff des digitalen Bildes auf, das er getrennt in Surface, Interface und Subface konzeptualisiert. Es sind Zusammenhänge und Relationen, die in diesen Begriffen als Schichten gedacht werden und in unserer anschließenden Diskussion beschäftigt uns vor allem das Interface in seiner wechselhaften Gestalt. Dass diese Momente des „Dazwischen“ für alle Teilnehmenden unserer Winterschool von Bedeutung sind, trat bei unserer zeichnerischen Aufgabe, sowie im Extrahieren und Neu-Zusammenfügen unserer Poster-Elemente zutage. Da stellten sich Fragen wie: Was sind Mensch-Technik-Zusammenhänge? Welche Rolle spielen Screens? Wie und wo in unseren Forschungen wird „display“ relevant? Wo fangen Körper an, wo hören sie auf? Wie nah und wie fern sind Elemente, Beobachter_innen und Situationen zueinander?
Nicht-Existenz…Ubiquität…
„Das digitale Bild gibt es nicht.“ (Pias 2003) Den Einstieg in einen Workshop zur Bildtheorie habe ich mir anders vorgestellt. Den Gegenstand infrage zu stellen, fand ich überraschend, zumal Kunsthistorikerin Inge Hinterwaldner zugleich die These der „Ubiquität von Visualisierungen“ zu Beginn formulierte. Dass dieser Widerspruch keiner ist, eröffnete sich mir erst im Laufe unserer Diskussionen dieser Winterschool. Diese zeigten, wie wir alle sehr unterschiedliche Begriffe von Visualisierungen haben, seien sie alltagsweltlich, aus unseren Feldforschungen, oder bereits für unsere Forschungen theoretisch konzeptualisiert. Eine unserer Aufgaben des Workshops war die zeichnerische Beantwortung der Frage, was wir jeweils unter einem digitalen Bild verstehen. Auch Claus Pias, so wurde im Anschluss deutlich, negiert nicht die Existenz des digitalen Bildes an sich, vielmehr geht er der Frage nach den Eigenschaften der Materialität digitaler Bilder nach. Inge Hinterwaldner griff in ihrem Vortrag Frieder Nakes (2008) Begriff des digitalen Bildes auf, das er getrennt in Surface, Interface und Subface konzeptualisiert. Es sind Zusammenhänge und Relationen, die in diesen Begriffen als Schichten gedacht werden und in unserer anschließenden Diskussion beschäftigte uns vor allem das Interface in seiner wechselhaften Gestalt. Dass diese Momente des „Dazwischen“ für alle Teilnehmenden unserer Winterschool von Bedeutung sind, trat bei unserer zeichnerischen Aufgabe, sowie im Extrahieren und Neu-Zusammenfügen unserer Poster-Elemente zutage. Da stellten sich Fragen wie: Was sind Mensch-Technik-Zusammenhänge? Welche Rolle spielen Screens? Wie und wo in unseren Forschungen wird „display“ relevant? Wo fangen Körper an, wo hören sie auf? Wie nah und wie fern sind Elemente, Beobachter_innen und Situationen zueinander?
Anfang...Ende…
Dass Relationen jedoch nicht zwingend Schichten und damit hierarchisch sein müssen, wie sie in Nakes „-faces“ durchscheinen, führte zu einer ersten Lockerung unserer gedanklichen Knoten. Ich frage mich, wie wir von Relationen sprechen können, die nicht in einem sprachlichen „Dahinter“ oder „Darunter“ verhaftet bleiben, und damit von einer dem westlich-visuell dominierten zweidimensionalen Schichtung ausgehen.
Innen…Außen…
Karen Barad denkt in „Phänomenen“ Barad (1996: 170), in denen diese Relationen enthalten sind. Diese sind für Barad jedoch nicht als Verbindungslinien zwischen einzelnen vorab getrennten Entitäten zu denken, sondern als „Intra-Aktionen“ (ebd. 179), die eine Verschmelzung und Verwobenheit markieren, in die wir als denkende und handelnde Menschen verstrickt sind. Sie veranschaulicht dies anhand ihrer Lektüre von Niels Bohr. Sie beschreibt, wie Bohr eine kritische Betrachtung von Experimenten der Quantenphysik fordert, indem er den_die Beobachter_in und das vermeintliche Objekt sowie die Messapparatur als für den Erkenntnisprozess untrennbar miteinander verschränkt denkt. Auf diese Weise, so Barad, denkt er in Phänomenen, die „a non-dualistic whole“ (ebd. 176) konstituieren. Phänomene sind in diesem Verständnis also kontingent und nur lokale Erfahrungen, die nicht a-priori Grenzen haben, sondern offen und unfixiert sind. Die Verschränkung zu einem Phänomen dieser Art ist das, was Karen Barad als „agentiellen Realismus“ (ebd. 176) benennt.
Teil...Ganzes…
In meiner Suche nach geeigneten Begriffen, die eine Brücke zwischen ontologischen Fragen und epistemologischen Unzulänglichkeiten in meinem Feld schlagen können, kommen mir Knoten und Faden in den Sinn. Sie lenken mein Augenmerk auf die Verwoben- und Verschränktheit, auf „Intra-Aktionen“ und „Phänomene“, die situativ sind.
fest...lose…
Im Knoten denke ich den Faden als Teil, den ich identifizieren kann, der aber nur als Teil eines ganzen Zusammenhangs seine Form, seine Spannung und seine Lösung erhält. Ich bin Teil des Knotens, ziehe an einem Faden, um ihn zu erkennen, zu verfolgen und seine Bewegungen, Berührungen und Reibungen im Knoten nachfühlen zu können.
Stabilität…Wandel…
In unserer Übung zur Frage „Was ist das digitale Bild?“ zeichne ich Situationen, in denen sich das digitale Bild in meinem Forschungsfeld materialisiert. Ich symbolisiere in meinem händisch gezeichneten Bild Momente, in denen Menschen ein digitales Bild produzieren. Ich zeige Momente, in denen sie Regionalität ab-bilden. Ich denke an Momente, in denen digitale Bilder für Menschen Grenzen markieren, für ihr Verständnis von regionalen Vorstellungsbildern. Momente, in denen Menschen darüber kommunizieren und aushandeln, welches Bild ein regionales Bild sein kann. Momente, in denen Menschen das regionale Vorstellungs-Bild zu einem digitalen werden lassen möchten.
Spannung…Lösung…
Ich versuche, anhand eines Objektes aus meinem Forschungsprojekt zu Aushandlungen einer regionalen ökonomischen Identität des Ruhrgebietes eine Karte zu gestalten, um das Objekt als Teil eines Phänomens über die agentiell-realistischen Analyse zu verstehen. Ich denke die verschiedenen Momente als Fäden und Verknotungen, verfolge manche in ihrer Länge, andere am Punkt ihrer Reibung mit anderen Fäden. Wie in unseren Fadenspielen tags zuvor, ziehe ich an einem Faden und sehe die Kraft, mit dem er einen anderen in den Knoten hineinzieht und schließlich wieder auflöst.
Stolpern…Ent-Stehen…
So sehe und verfolge ich nun den Faden dieser Gedanken durch meine Zeit in der Winterschool. Ich komme zurück zum anfänglichen Widerspruch der Nicht-Existenz des digitalen Bildes und dessen gleichzeitige Ubiquität. Ich stolpere über den Knoten einer Diskussion am Donnerstagnachmittag, der sich in Bildern und Metaphern zu solchen Widersprüchen ergießt: Wie können wir unseren Ängsten, im Feld „danebenzugreifen“ begegnen, fragt Moritz; Vielleicht indem wir einfach zugreifen und die Lücken und Ungewissheiten, die für Reibung in unseren Diskursen und in uns selbst sorgen, nicht nur hinnehmen, sondern – frei nach Janina Lohs Interpretation von Donna Haraway und den gemeinsamen Diskussionen zur Etablierung neuer Wissenskulturen – als lustvolle Wissenschaft feiern.
So erscheint mir der anfängliche Widerspruch einmal mehr als Spannung, in die es sich lohnt hineinzugehen. Und – inspiriert von Donna Haraways „string figures“ (2013) – an einzelnen Fäden dieses Knotens zu ziehen.
Referenzen
Barad, Karen. „Meeting the universe halfway: Realism and social constructivism without contradiction.“ Feminism, science, and the philosophy of science. Dordrecht: Springer 1996, 161-194.
Haraway, Donna. “SF: Science Fiction, Speculative Fabulation, String Figures, So Far.” Ada: A Journal of Gender, New Media, and Technology, No.3 (2013).
Nake, Frieder: Surface, Interface, Subface. Three Cases of Interaction and One Concept. In: Uwe Seifert, Jin Hyun Kim, Anthony Moore (Hg.): Paradoxes of Interactivity. Perspectives for Media Theory, Human-Computer Interaction, and Artistic Investigations. Bielefeld: transcript 2008, S. 92–109.
Pias, Claus. „Das digitale Bild gibt es nicht. Über das (Nicht-) Wissen der Bilder und die informatische Illusion.“ zeitenblicke 2.1 (2003).
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