9. Arbeitstagung der Kommission Digitale Anthropologie der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft
Über die Tagung
Die Felder kulturwissenschaftlich-ethnografischer Forschung wandeln sich durch und mit Digitalität schnell. Die für solche Forschungen erhobenen Daten verändern sich in ihrer Struktur und sind bereits in der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit fast ausschließlich digital. Gleichwohl sind Beobachtungen und Gespräche oft zentrale Methoden, die jedoch zunehmend mit digitalen Daten verknüpft werden und deren Dokumentationen in der Regel digital vorliegen. Dieser Wandel ist für heutige Generationen von Forschenden und Studierenden in vielen Bereichen selbstverständlich. Digitalität bestimmt zunehmend alle Forschungsbereiche von Sammlung über Auswertung und Niederschrift bis hin zur Verbreitung von Ergebnissen. Dennoch ist die Weiterentwicklung von ethnografischen und qualitativen Methoden bei Weitem nicht abgeschlossen, während sich Fragen nach der Qualität, Zugänglichkeit und Nutzung von Daten neu stellen.
Für die Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Forschungsfeldern sind dementsprechend andere Perspektiven auf klassische qualitativ-ethnografische Methoden und den Umgang mit Daten notwendig. In diesem Zusammenhang wird bereits experimentiert, nicht zuletzt im etablierten Arbeitsbereich der digitalen Anthropologie bzw. Ethnografie. Unabhängig von der Erweiterung auf digitale Felder ist für alle qualitativ-ethnografischen Forschungsbereiche ein Experimentieren möglich und notwendig, um die Verschränkungen von Digital und Analog greifen zu können. Methoden des Walk Through oder Data Walks haben sich als hilfreich erwiesen, solche Weiterentwicklungen sind jedoch sicher nicht die einzig möglichen. Kollaborative Ethnografie hat sich ebenfalls bereits ins Digitale erweitert und kann für die Erforschung digital durchdrungener Alltage auch „offline“ verwendet werden. Verschiedene Ausprägungen digitaler und computationeller Zugänge sind je nach Forschungsfrage zielführend anzuwenden und können den Erkenntnisrahmen von Forschung erweitern. Auch Methoden in der Darstellung von Forschungsergebnissen ändern sich, etwa durch die Nutzung von Versatzstücken von verschiedenen Personen und Aussagen aus dem eigenen Feld, um diese in offen zugänglichen Daten und Publikationen weitergehend zu anonymisieren. Dazu kommen die oft bereits als selbstverständlich wahrgenommenen neuen Möglichkeiten der digitalen Wissenschaftskommunikation und der Publikation, die auch Chancen hin zu nicht-linearen und multimedialen Darstellungsformen öffnen. Nicht zuletzt sind zunehmend historische Forschungsdaten als kulturelles Erbe digital in Datenbanken erschlossen und teilweise öffentlich zugänglich. In diesem Kontext ist der Aufbau digitaler Infrastrukturen ein notwendiger Diskussionspunkt.
Ausgehend von diesen und ähnlichen Entwicklungen möchte die Tagung Beiträge dazu systematisieren, welche digitalen Methoden einerseits und Formen des Umgangs mit digitalen Daten andererseits aktuell in den Forschungszusammenhängen ethnografisch-qualitativer Forschung bestehen. Auch die Überschneidungen beider Bereiche und deren Verstrickungen in Forschungsfelder interessieren. Es soll herausgearbeitet werden, welche konkreten Anwendungen und Weiterentwicklungen bereits umgesetzt werden, wie ethnografische und qualitative Ansätze gestärkt werden können und welche Bedarfe darüber hinaus bestehen.
Die Arbeitstagung findet vom 16. bis 18. September 2024 an der Universität Vechta statt. Hier werden an einer kleinen Universität im südlichen Niedersachsen (empirische) Kulturwissenschaften und Digital Humanities in qualitativer und kulturwissenschaftlicher Perspektive neu zusammen gedacht und weiterentwickelt, warum sich der Standort für die Diskussion der aufgeworfenen Fragen besonders eignet.
Ausgerichtet von Lina Franken & Sabina Mollenhauer
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